Sturzprävention im Alter
Stürze sind selten unvorhersehbare und zufällige Ereignisse oder Begleiterscheinungen von Alterungsvorgängen, sondern häufig das Resultat mehrerer gleichzeitig auftretender Merkmale und Risikofaktoren. In der Regel bedeuten Stürze im Alter sowohl für den Betroffenen, als auch für Angehörige und Mitarbeiter im Pflegedienst eine große Belastung.
So führen 5 % aller Stürze im Alter zu Frakturen, wobei die Hüftfraktur ca. 20 % der sturzbedingten Frakturen ausmacht. (vgl. Runge/Rehfeld 2001: 40ff) Frakturen sind häufig mit einer Immobilität verbunden, die wiederum zum Risikofaktor für Dekubitalulcera, Kontrakturen, Pneumonien, Thrombosen und Obstipation werden kann.
- Höheres Lebensalter (vgl. Gostynski 1999: 270-275) 30 % der über 65jährigen bzw. 40 % der über 80jährigen stürzen jährlich mindestens einmal.
- Erkrankungen mit Einschränkungen im Bereich der Mobilität aus dem neurologischen Formenkreis z. B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Apoplex aber auch Erkrankungen des Bewegungsapparates und des Gangbildes z. B. Arthrosen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Inkontinenz stellt ebenfalls ein Risikofaktor dar. Ferner erhöhen Erkrankungen mit Einschränkungen der Sehkraft z. B. Katarakt oder Glaukom das Sturzrisiko.
- Bei den Medikamenten kommt es im Alter zu veränderten Halbwertzeiten mit Kumulierungseffekten, was das Sturzrisiko ebenfalls ansteigen lässt. Studien belegen, dass das Sturzrisiko mit der Anzahl der eingenommenen Medikamente steigt. (vgl. Cumming, R.G. et al., in: Lord et al. 2001: 82ff)
- Ermitteln des individuellen Sturzrisikos durch speziell ausgearbeitete Einschätzungsskalen z. B. nach Runge
- Behandlung von Krankheiten, die das Sturzrisiko erhöhen
- Dem Krankheitszustand, der jeweiligen Gehstörung und dem jeweiligen Fußboden angepasste Schuhe
- Förderung der Muskelkraft durch Bewegung und körperliche Übungsprogramme
- Schaffen einer sicheren Umgebung durch Ausschalten von Risikofaktoren und Einsatz geeigneter Hilfsmittel. Broschüren wie „Checkliste Sicheres Wohnen“ (Techniker Krankenkasse) können helfen umgebungsbedingte Risikofaktoren einer Wohnung zu erfassen und entsprechend sturzsicher zu gestalten
Was fällt auf? | Erklärung |
Gangbild ist
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Auffällig sind kleine, unregelmäßige Schritte, vielleicht sogar mit häufigem Stolpern/Straucheln. Hangeln/Greifen nach jedem Halt ist ebenfalls ein Zeichen für Sturzgefahr. |
Balancestörungen | Wenn man nicht in der Lage ist, 10 Sek. in folgender Weise zu stehen: Füße stehen in einer Linie hintereinander, Hacke des vorderen berührt Spitze des hinteren Fußes (= Tandemstand). |
Kraft- und Leistungsminderung der Beine | Sturzgefährdet ist jeder, der nicht schneller als in 12 Sekunden 5 x aus einem Stuhl üblicher Höhe aufstehen kann, ohne sich dabei mit den Armen abzustützen. |
> 4 verschiedene Medikamente pro Tag oder bestimmte Medikamente | Wer mehr als vier Medikamente pro Tag braucht, ist sturzgefährdet. Manche Medikamente können nicht abgesetzt werden, obwohl sie die Sturzgefahr erhöhen. |
Zwei oder mehr Stürze im letzten Jahr | Jeder Sturz sollte ärztlich abgeklärt werden, auch wenn keine Verletzungen entstanden sind. |
Geistige Leistungsminderung | Demenzkranke und verwirrte Patienten sind besonders gefährdet, wenn sie viel umherlaufen. |
Sehen verschlechtert | Besonders gefährlich, wenn man mit einem Auge deutlich schlechter sieht als mit dem anderen. |
Probleme an Beinen und Füßen | z. B. Schmerzen an Hüfte, Knie oder Fuß. Wobei plötzlich einschießende Schmerzen besonders gefährlich sind. |
Gehhilfe erforderlich | Gang mit Gehstock, Gehwagen etc. subjektiv oder objektiv sicherer. |
Beweglichkeit und Gehleistung werden allmählich immer schlechter | Wenn jemand dazu neigt, seinen Bewegungsradius immer mehr einzuschränken, ist dies oft ein Hinweis auf eine Gehstörung. |
Osteoporose | Bei verminderter Knochenfestigkeit kommt es schneller zu Knochenbrüchen (allerdings gibt es auch ohne Osteoporose Brüche von Hand und Oberschenkel). |
Wenn zwei oder mehr Hinweise vorliegen, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um das Thema Sturzvorbeugung zu besprechenLiteratur:
Becker, C. / Scheible, S. (1998): Stürze und sturzbedingte Verletzungen älterer Menschen – Diagnostik und Interventionen, in: Fortschritte der Medizin, 116. Jg. Nr. 32, S. 22 – 29
Gostynsky, M. et al: (1999): Epidemiologische Analyse der Stürze bei Betagten in Zürich und Genf, in: Schweizer Medizinische Wochenschrift, 129, S. 270 –275
Lord, S. R. / Sherrington, C. / Menz, H. B. (2001): Falls in older people – Risk factors and strategies for prevention, Cambridge
Runge, M. (1998): Gehstörungen, Stürze, Hüftfrakturen, Darmstadt
Runge, M. / Rehfeld, G. (2001): Mobil bleiben – Pflege bei Gehstörungen und Sturzgefahr- Vorsorge, Schulung, Rehabilitation, Hannover
Weitere Literatur zu diesem Thema kann in der Altenpflegeschule nachgefragt werden.
Ulrike König, Dipl.-Pflegewirtin, ehemalige Leiterin der Altenpflegeschule/Bildungszentrum Pflege des Lahn-Dill-Kreises (i. R.)